Galoppade des Pferdes
Galoppade des Pferdes © Benkert

Spanischer Schritt

Der Name „Spanischer Schritt“ kommt daher, dass Pferde in den spanischen Stierkampfarenen diese Bewegung ausüben sollten, um die Stiere zu provozieren und angriffslustig zu machen.
Der Spanische Schritt ist eine Lektion der klassischen Reitkunst und des Barockreitens. Das Pferd bewegt sich hinsichtlich des Taktes und der Fußfolge analog zum Schritt. Allerdings wird im Spanischen Schritt das vorfußende Vorderbein weit nach vorne-oben geführt und langsam nach vorne abgesetzt. Wie hoch das Pferd das Vorderbein anhebt ist abhängig vom Exterieur des Pferdes.

Der Spanische Schritt ist eine leicht versammelnde Übung. Viele Fachleute der historischen Reitkunst wie z. B. Richard Hinrichs und Philippe Karl sind sich einig, dass ein gut ausgeführter Spanischer Schritt die Vorhand-Hinterhand-Koordination sowie die Knieaktion fördert, und zur Entwicklung der Passage dienlich ist. Die Lektion verbessert zudem die Schulterfreiheit. Denn beim Spanischen Schritt werden die Schultermuskeln gedehnt und gelockert. Das sorgt für Beweglichkeit. Außerdem verleiht der Spanische Schritt unsicheren oder ängstlichen Pferden mehr Selbstbewusstsein.
Der Spanische Schritt schult außerdem die Koordination und das Gleichgewicht des Pferdes. Die Anlehnung sollte stets ruhig mit dem Genick als höchsten Punkt sein. Meist wird diese Lektion vom Boden aus erarbeitet, bevor sie im Sattel ausgeführt werden kann. Der Spanische Schritt kann insbesondere dem Gebiet der Bodenarbeit und Zirzensik zugeordnet werden.

Spanischer Schritt unter dem Sattel
Spanischer Schritt unter dem Sattel © Benkert

Der Spanische Schritt gehört zu den Kunstgangarten (kunstvollen Verzierungen der natürlichen Gangarten). Er stellt die Verzierung der Gangart Schritt dar. Die anderen Kunstgangarten sind Piaffe und Passage, als Veredelung des Trabes und Terre à Terre, Mezair und Courbette als Veredelung des Galopps.
Das Herausheben der Vorhand im Stehen wie zum Spanischen Schritt wird auch als Spanischer Gruß (span. „saludo“) bezeichnet. Nicht zu verwechseln ist der Spanische Schritt mit dem Spanischen Tritt, der in der Spanischen Hofreitschule (Wien) die Bezeichnung für die Passage ist. Besonders veranlagt für den Spanischen Schritt sind Lipizzaner, Andalusier, Lusitanos, PRE und Friesen (Barocke Pferderassen), aber auch Voll- und Warmblüter können einen korrekten Spanischen Schritt erlernen.

Als Fehler werden beschrieben:

  • das Pferd verliert den Takt
  • Antreten mit gestrecktem Vorderbein
  • zu langes Hochhalten des Vorderbeins
  • Pferd schlägt mit den Vorderbeinen aus und „stampft auf“
  • Scharren mit dem Vorderbein
  • Pferd wird in der Hinterhand breit
  • Schleppendes Folgen des Hinterbeins
  • ungenügendes Vorgreifen des Hinterbeins
  • seitliches Schränken des Hinterbeins
  • unkontrollierbares „Davonpaddeln“

Zu Beginn ist es sehr sinnvoll das Pferd an der Hand an den Spanischen Schritt heranzuführen.
Grundvoraussetzung für diese Lektion ist jedoch, dass sich das Pferd von beiden Seiten korrekt führen lässt.
Bevor man dem Pferd den Spanischen Schritt in der Bewegung beibringt, sollte man mit dem Spanischen Gruß beginnen. Dies ist sozusagen der Spanische Schritt im Stand. Dabei kann man dem Pferd erklären, dass es sein Vorderbein waagerecht nach vorne streckt, wenn man es mit der Gerte touchiert.

Die Position von Pferd und Reiter

Damit das Pferd in der Balance ist und sein Gleichgewicht nicht verliert, wenn es sein Vorderbein hebt, sollte es anfangs möglichst geschlossen stehen. Um möglichst viel Schulterfreiheit zu gewährleisten und das Vorderbein, das gestreckt werden soll, zu entlasten, sollte das Pferd seinen Kopf leicht in die Richtung stellen, in der es sein Vorderbein nicht hebt. Das heißt: Wenn man möchte, dass das Pferd sein rechtes Bein hebt, sollte es leicht nach links schauen.
Man selbst sollte möglichst seitlich neben dem Pferd stehen. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass man nicht zu nah am Vorderbein steht, denn wenn das Pferd schnell verstanden hat, was es machen soll, kann es leicht passieren, dass der Huf den Führer tritt.

Der Spanische Schritt an der Hand
Der Spanische Schritt an der Hand © Benkert

Möglichkeit 1: Vorderbein touchieren

Wenn man das Pferd mit der Gerte touchiert, dann sollte möglichst fein sein. Auf keinen Fall sollte man sein Pferd mit der Gerte schlagen. Es geht mehr um ein Kitzeln. Sollte das Pferd nicht reagieren, darf nicht die Lösung sein, immer stärker zu touchieren. Stattdessen sollte man versuchen, das Tempo und die Art des Touchierens zu ändern. Bei manchen Pferden reicht aber auch ein leichtes Streicheln mit der Gerte. Die Stelle, an der man sein Pferd touchiert, ist abhängig davon, wie ein Pferd reagiert. Dies muss man einfach durch ausprobieren finden. Sie sollte sich aber in jedem Fall zwischen Vorderwurzelgelenk und Brust befinden. Wichtig ist, dass man immer die gleiche Stelle nimmt, damit man sein Pferd nicht durcheinanderbringt, falls man ihm noch weitere Übungen beibringen möchte. Unterhalb des Vorderwurzelgelenks sollte man nicht touchieren. Diese Stelle wird in der Regel dafür genutzt, dem Pferd das Beugen des Beines beizubringen, eine Vorübung des Kompliments.
Eine geeignete Touchierstelle ist die Schulter. Diese erreicht man auch vom Sattel aus sehr gut, sodass man die Lektion auch beim Reiten abrufen kann.

Der Spanische Schritt an der Hand
Der Spanische Schritt an der Hand © Benkert

Möglichkeit 2: Körpertarget

Tipp: Signalwort nutzen!
Eine zweite Möglichkeit wäre, ein Signalwort oder ein anderes Zeichen zu nutzen, das man immer mit dieser Lektion verbindet. Irgendwann reicht so das Stimmkommando aus, um den Spanischen Schritt oder den Spanischen Gruß abzurufen. Das Signalwort bzw. das Zeichen soll dafür sorgen, dass das Pferd die Lektion nur dann zeigt, wenn man sie explizit abfragt. Andernfalls kann es nämlich auch mal ganz schön gefährlich werden, wenn man einen Pferdehuf gegen das Bein bekommt!
Ein weiterführender Schritt ist, nichts mehr zu sagen. Vielmehr stellt man sich neben das Pferd und hebt die Beine als Zeichen.
Am Anfang sollte man unbedingt darauf achten, dass das Pferd nur eine Beinbewegung zeigt. Viele Pferde neigen dazu, zu scharren. Dieses Verhalten sollte man ignorieren. Man sollte das Pferd in diesem Fall ein paar Schritte gehen lassen und nach einer Pause von neuem beginnen. Einige Pferde, vor allem Hengste, empfinden das Touchieren des Beines als Aufforderung zum Kampf oder Spiel und reagieren entsprechend wild und gestresst. Je nach Trainingsansatz ist das gewollt (Intrinzen) oder auch nicht. In jedem Fall sollte man aber so viel Ruhe und Entspannung vermitteln, dass das Pferd erkennt, dass man keinerlei Kampfabsicht besitzt.
Mit der Zeit sollte man dazu übergehen, die Übung nicht nur durch das Touchieren einzuleiten, sondern sie auch bewusst zu beenden und dem Pferd so signalisieren, wann es Zeit ist, das Bein wieder abzusetzen. Dies kann man zum Beispiel erreichen, indem man die Gerte nicht mehr touchierend einsetzt, sondern sie am Bein anlegt. Solange sich die Gerte am Bein befindet, soll das Pferd sein Bein oben halten.
Loben, loben und nochmals loben!
Sobald das Pferd die kleinste Reaktion zeigt, musst man das Touchieren einstellen und loben. So zeigt man ihm, was man von ihm erwartet. Man sollte am Anfang nicht zu viel erwarten. Es kann gut sein, dass das Pferd zunächst nur mit dem Huf aufstampft. Es braucht einfach ein wenig Zeit und viele kleine Trainingseinheiten, bis es sein Bein dauerhaft anhebt und streckt.

Vom Spanischen Gruß zum Spanischen Schritt

Sobald das Pferd den Spanischen Gruß beherrscht und verstanden hat, dass es sein Bein heben soll, wenn man das Signalwort sagt und/oder das Bein mit der Gerte touchierst, kann man die Bewegung mit dazu nehmen und den richtigen Spanischen Schritt üben. Man muss nicht warten, bis das Pferd sein Bein perfekt ausstreckt. Oft neigen Pferde nämlich dazu, ihr Gewicht vermehrt auf das stehende Vorderbein zu verlagern. Ziel ist es aber, dass die Hinterhand vermehrt Gewicht aufnimmt – das erreicht man durch die Bewegung. Das Pferd muss seine Hinterhand stärker einsetzen, es geht versammelter, verkürzt seinen Rahmen und wölbt den Rücken auf.
Am besten übt man den Spanischen Schritt anfangs so, dass man sein Pferd ein paar Schritte gehen lässt, anhält, die Beinstreckung verlangt und es lobt. Dann lässt man sein Pferd wieder antreten. Sobald dies gut funktioniert, kann man dazu übergehen, das Pferd nach dem Beinstrecken sofort antreten zu lassen bzw. das Beinstrecken aus der Bewegung heraus zu verlangen. Erst wenn dies gelingt, sollte man mit dem eigentlichen Spanischen Schritt, also mit der wechselseitigen Bewegung der Vorderbeine, beginnen.

Der Spanische Schritt an der Hand
Der Spanische Schritt an der Hand © Benkert

Wichtig:

Nicht zu ehrgeizig sein! Bis ein Pferd den Spanischen Schritt beherrscht, braucht es viele Trainingseinheiten und viel Zeit. Diese Zeit muss man dem Pferd unbedingt zugestehen.

Mehr Wissen für dich:

Unsere Trainings-Tipps:

#Grundgangarten des Pferdes #Lexikon #Schritt