Pferdeherde
Pferdeherde © Benkert

Die Rangordnung

Auch Pferde haben in ihrer Herde eine bestimmte, klare Rangordnung, die im Laufe der Zeit nur wenigen Änderungen unterworfen ist, wenn die Zusammensetzung der Herde gleich bleibt. Die Rangordnung der Pferde hat auch für uns Menschen eine wichtige Bedeutung.
Wer hat das Sagen?
Pferde möchten ganz genau wissen, wie sie sich einem anderen Pferd gegenüber zu verhalten haben: Führend? Fordernd? Dominant? Zurückweichend? Sich unterordnend?
Ist diese Frage noch ungeklärt, bedeutet das für ein Pferd Ungewissheit, Unbehagen, Stress. Deshalb klären Pferde untereinander sofort die Rangordnung.
Dabei kommt es zu Imponiergehabe, Drohgebärden, Rangeleien aber manchmal auch zu handfesten Bissen und Tritten. Meist beschränken sich die Kontrahenten aber auf ein bisschen Drohen mit anschließendem Weglaufen des Unterlegenen. Ist auf solche Weise alles geklärt, weicht das unterlegene Pferd zurück.
Wichtig dabei: Pferde sind nicht nachtragend.


Das ranghöhere Pferd
Das überlegene Pferd hat von nun an bestimmte Rechte, die es auch mit Gewalt durchsetzt: Es darf als erstes an das Futter, es darf anderen, rangniederen Pferden drohen, sie verscheuchen, oder sogar beißen oder nach ihnen treten. Wichtig: Der Herdenchef bestimmt Richtung und Geschwindigkeit der anderen Pferde der Gruppe. Er stellt nicht nur Verhaltensregeln auf, sondern wacht auch über deren Einhaltung.



Das rangniedrigere Pferd
Auch das unterlegene Pferd hat Vorteile daraus: Es hat nun jemanden, an dem es sich orientieren kann, weil dieser ständig aufpasst (z. B. ob Raubtiere in der Nähe sind) und die nötigen Entscheidungen trifft. Die meisten Pferde akzeptieren lieber einen Führer, anstatt die Rolle selbst zu übernehmen, denn die Führerrolle ist anstrengend. Beide Pferde akzeptieren also das Ergebnis bereitwillig.

Ranghöheres Pferd vertreibt rangniedriges Pferd
Rangordnung unter Pferden © Benkert

Das Alpha-Tier
Die sogenannten Alpha-Tiere, die Anführer einer Herde, herrschen oft sehr resolut und unberechenbar über die anderen Herdenmitglieder, die dann eher aus Angst fügsam sind. Deshalb sind die "Alphas" meistens allein, denn die anderen Pferde sind nicht gern mit ihnen zusammen. Sie lassen solchen „Anführer-Pferden“ zwar ihre Vorrechte, gehen ihnen aber aus dem Weg. Denn wer möchte schon gern verscheucht, getreten oder gebissen werden?



Geht das auch ruhiger? Ja. Manche Pferde werden in höhere Positionen "gewählt". Man kann immer wieder 'mal einzelne Pferde beobachten, denen sich andere Pferde freiwillig anschließen. Sie suchen die Nähe von solchen Pferden, weil diese kaum Gewalt anwenden, an Rangordnungskämpfen nicht interessiert sind, Ruhe, Selbstsicherheit und Kontinuität ausstrahlen. Konflikten gehen sie geschickt aus dem Weg, wenn ihnen dies möglich ist. Sie behalten die Umgebung im Blick und erkennen Gefahren. Entscheidungen, die sie treffen, machen für die anderen Pferde Sinn. Auch solche Pferde wissen sich durchzusetzen. Aber sie wissen auch, wie das mit möglichst geringem Aufwand an Gewalt (und somit Energie) geht.
Sie sind aus Pferde-Sicht kompetent. Solchen Pferden vertrauen viele Herdenmitglieder und ordnen sich ihnen freiwillig unter - wird ihnen doch die Unterordnung angenehm und leicht gemacht. Durch diese "Wahl" steigen diese Pferde in der Rangordnung, ohne dass sie sich durch Gewaltanwendung beweisen mussten.

Konsequenzen für den Reiter

Aufgrund der oben geschilderten Tatsachen lässt sich folgern, dass man dem Pferd beim Reiten hin und wieder sogar eine Entscheidung zugestehen darf, ohne dass die Gefahr besteht, dass es dann vollständig die Führungsrolle in allen anderen Bereichen übernehmen wird.
Ein Beispiel: Viele Pferde verstehen von Bodenverhältnissen mehr als ich. Verweigert mir ein Pferd, mit dem ich sonst sehr gut auskomme, plötzlich den Galopp, dann hat das sicherlich seinen Grund. Höre ich dann ein paar Trabtritte weiter die Hufe meines Pferdes in den Schlamm patschen, obwohl ich den Boden dort für trocken hielt, dann bekommt mein Pferd an dieser Stelle statt einer Strafe eine extra Streicheleinheit. Durch langjährigen Umgang und die Erfahrung im Umgang mit dem Partner Pferd hat sich gezeigt, dass sich solche Zugeständnisse, wenn sie berechtigt sind, positiv auf das Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter auswirken.

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