Pferd und Reiter
Pferd und Reiter © Benkert

Trainingsgrundlagen und Ausbildungsprinzipien beim jungen Pferd

  • Überlegst du dir vielleicht dir ein Jungpferd zu kaufen oder hast du schon ein junges Pferd an deiner Seite und weißt nicht genau, wann du mit dem Training loslegen willst?
  • Fragst du dich, ob ein Jungpferd das Richtige für dich ist und wie man mit einem Jungpferd startet?
  • Willst du dein Jungpferd sanft und liebevoll erziehen und suchst nach dem richtigen Weg?
  • Fragst du dich, wie früh man Anreiten und Trainieren muss oder was richtig und falsch ist beim Umgang mit dem Jungpferd?

Jungpferd richtig starten

Wenn man sich ein Jungpferd oder Fohlen gekauft hat und schnell mit dem Reiten anfangen will, dann passt das nicht zusammen.
Dem jungen Pferd Zeit schenken: Ein schönes Bild ist immer sich vorzustellen, dass man selbst 3 Jahre alt ist.

Man trennt sich das erste Mal von seinen Eltern und kommt in den Kindergarten. Alles ist neu und aufregend. Man ist getrennt von seinen Geschwistern und eine fremde Person wartet. Man kommt in Räume, die man noch nie vorher gesehen hat. Alles kommt einem unglaublich fremd und groß vor. Man ist aufgeregt und ein bisschen nervös. Aber statt zu spielen oder sich mit den neuen Räumen und Spielgefährten anzufreunden, drückt dir eine Betreuungsperson gleich mal einen Stift und ein Matheheft in die Hand und man soll innerhalb weniger Stunden schon mathematische Gleichungen lösen. Wenn man das nicht gleich richtig macht, schimpft der Betreuer sofort laut oder man bekommt sogar einen Schlag auf die Finger mit dem Stock. Doch genau das passiert mit einer Selbstverständlichkeit mit vielen Jungpferden.

Artgerechte Jungpferdeaufzucht
Artgerechte Jungpferdeaufzucht © Rubly

Viel zu viele Jungpferde werden im Kindergartenalter antrainiert und müssen dann sehr schnell lernen und funktionieren. Mal ganz abgesehen davon, dass Sehnen, Bänder, Knochen und Muskeln noch nicht „reif“ genug sind, um das menschliche Gewicht zu tragen, macht das auch etwas mit der Seele der Pferde. Der Vergleich mit dem Kindergarten macht – ohne Pferde vermenschlichen zu wollen – einfach ziemlich deutlich, was alles von zwei- und dreijährigen Pferden mit einer Selbstverständlichkeit gefordert wird, während sie eigentlich noch Pferdekinder sind.
Doch für viele Jungpferde ist genau das Alltag. Für Pferde bedeutet jeder kleine Schritt mit uns Menschen etwas. Deswegen sollten wir unseren Pferden in der Ausbildung Geduld und kleine Schritte schenken. Gerade wenn man ein Jungpferd an seiner Seite hat.

Wenn man ein Pferd will:

  • dass vertrauensvoll und motiviert an deiner Seite mit dir geht
  • dass gesund alt wird und lange reitbar bleibt
  • dass wache Augen hat und mit dir leuchtet
  • dass gerne zu dir ans Gatter kommt

…. dann sollte man seinem Jungpferd die Zeit geben, die es braucht, um gesund zu auszuwachsen und auch die geistige Reife zu entwickeln jemanden auf seinem Rücken zu tragen.

Vertrauensvolle Annäherung des Reiters an das Pferd
Vertrauensvolle Annäherung des Reiters an das Pferd © Benkert

Tipps für eine schonende Ausbildung von Jungpferden:

  • Suche dir gute und sanfte Trainer vor Ort, die euch begleiten und ab und an von außen auf euer Training schauen
  • Bereite alles immer sehr gut am Boden vor und fange früh und sehr verspielt damit an
  • Fange frühestens mit 4 Jahren mit dem Reiten an – damit Rücken, Bänder und Knochen sich einigermaßen gut ausbilden und festigen können
  • Lass dir und deinem Pferd alle Zeit der Welt und gehe vor allem im Tempo deines Pferdes
  • Gehe alles spielerisch und ohne Erwartungsdruck an
  • Der Weg ist das Ziel
  • Achte auf gutsetzende Ausrüstung und kleinschnittiges Training

Falsche Aussagen zum Anreiten von jungen Pferden:

  • Pferde müssen früh angeritten werden für ihre körperliche Entwicklung
  • Pferde sind mit 3-4 Jahren genügend entwickelt, dass wir uns auf ihren Rücken setzen können.
  • Pferde müssen auf die Reiterhilfen geprägt werden, sonst lernen sie sie nicht richtig.
  • Der Wille der Pferde ist zu stark, wenn sie beim Anreiten älter als 3 Jahre sind.
  • Pferde werden an der Longe ausgebildet, weil sie sich so an Sattel und Reiter gewöhnen können.

So nicht:

Wenn dir jemand erzählen will, dass du dein Pferd auf dem Logierzirkel erst so, dann mit Sattel, dann mit Reiter longieren sollst, dann feuere diesen Trainer.
Wenn dir jemand sagt, dass du Ausbilder und Hilfszügel für die Ausbildung brauchst, dann feuere diesen Trainer.
Wenn dir jemand sagt, dass du dein Pferd mit 2 oder 3 Jahren anreiten sollst, weil es sonst „blöd“ wird, dann feuere diesen Trainer.

Sinnvoll könnte es zum Beispiel sein mit 5 oder 6 Jahren schonend und langsam mit dem Reiten zu starten – je nach Rasse, deren Entwicklungsstand und der individuellen körperlichen Entwicklung des Pferdes. Die Bodenarbeit kannst du schon mit 1,5 bis 2 Jahren starten. Dann aber entsprechend kurze Einheiten und spielerisch gestaltet.

Der Tipp:

Es ist unglaublich wichtig, denn ein Jungpferd lernt so von Anfang an mit dem Menschen zu agieren und Freude dabei zu haben. Wenn man ein Pferd erst mit 5 oder 6 anreiten will, dann hilft es sehr viel am Boden miteinander zu arbeiten. Wir können die Pferde nicht fünf oder sechs Jahre wie Wildpferde auf der Weide stehen lassen und sie dann in kurzer Zeit freundlich und stressfrei zu Reitpferden ausbilden wollen. Man muss sein Pferd einfach ausführlich und entspannt am Boden vorbereiten, so dass Teamarbeit mit dem Menschen für dein Pferd etwas ganz normales ist.
Jedes Jungpferd ist eine andere Persönlichkeit, deswegen gibt es nicht den einen Weg. Man muss individuell gestalten und auf sein Pferd eingehen.

Das Anreiten Schritt für Schritt

1. Der Start der Ausbildung
Ein Fohlen sollte sich anfassen lassen, aufhalten lassen und seine Hufe geben können. Das kannst du spielerisch mit dem Fohlen üben. Erst auf der Weide, später auch auf dem Hof. Es kann immer sein, dass der Tierarzt kommen muss oder ein Huf bearbeitet werden muss. Deswegen sollten Fohlen das schon können. Aber gerade Fohlen sollten das alles spielerisch mit Lob, Liebe, Freude und Neugierde lernen dürfen – nicht mit Zwang oder körperlichem Druck.

2. Bodenarbeit
Die erste Bodenarbeit mit 1,5 bis 2 Jahre:
Jetzt kannst man langsam mit der Bodenarbeit starten. Also erste Führtrainings und Gelassenheitstraining, geführte Spaziergänge, anbinden lassen, putzen lassen, Decke auflegen und all die anderen Dinge des Alltags.
Bodenarbeit mit Muskelaufbau mit ca. 3 Jahren:
Jetzt kann man langsam die Bodenarbeit zum Muskelaufbau starten. Natürlich immer erst sehr kurze Einheiten. Gerade junge Pferde können sich noch nicht so lange konzentrieren. Da können 10 Minuten schon richtig lange sein.

Umwelt erkunden mit dem Jungpferd
Umwelt erkunden mit dem Jungpferd © Benkert

3. Ab jetzt der Kappzaum
Mit etwa 3,5 Jahren kamen dann erste Gymnastizierung und Muskelaufbau am Kappzaum dazu.
4. Mit etwa 4 Jahren
Jetzt kann man die Zügelhilfen vom Boden aus trainieren. Man kann zum Beispiel neben seinem Pferd laufen und die Signale auf Höhe des Halses geben und üben. Außerdem kann man das Einparken mit viel Lob üben.
5. Mit 5 Jahren
Man kann das Aufsteigen üben. Man kann sich immer mal wieder über den Rücken lehnen und von beiden Seiten abklopfen. Irgendwann auch für ein oder zwei Minuten aufsteigen und dann wieder absteigen. Das kann man über Monate immer wieder zwischendurch üben, bis man das Pferd auch mal ein paar Schritte laufen lassen kann. Dies kann man immer weiter ausdehnen, bis das Reiten zu einem selbstverständlichen Teil wird.

Longieren am Kappzaum
Longieren am Kappzaum © Benkert

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