Gregory Wiegand
Gregory Wiegand © Gregory Wiegand

Interview Gregory Wiegand

Gregory Wiegand: “Wir als Parcoursbauer geben den Reitern die Hausaufgaben für das Training unter der Woche“

Gregory Wiegand hat das Parcoursbauen schon früh als seine Leidenschaft entdeckt. In einem Interview für „Johanna´s Blog“ spricht er über seinen Werdegang, seine Philosophie beim Parcoursbauen sowie Tipps, welche er aus der Perspektive eines Parcoursbauers jedem Reiter ans Herz legen würde.

Dass Gregory Wiegand einmal Parcoursbauer werden würde, zeigte sich früh. Schon als Kind baute sich der junge Gregory mit seinen Playmobilfiguren einen Parcours auf, welchen er dann mit seinem Playmobilpferd absolvierte. Sein Vater, hauptberuflich Optiker, bastelte ihm dann aus den verschiedensten Materialien Hindernismaterial, welches Gregory dann benutzte.
Selbst im Parcours bis zur Klasse S unterwegs, kennt Wiegand die Herausforderungen eines guten Parcours. „Ich überlege mir bei all meinen Parcours immer, ob ich Lust hätte, diesen Course zu absolvieren.“, sagt der Eppelheimer.

Der Weg zum Parcoursbauer ist kein einfacher. Vom silbernen Reiterabzeichen über ein Bewerbungsschreiben bei der Landeskommission bis hin zum zehnmaligen Parcoursbauen in einer Klasse und der Bewertung durch ein Gutachterteam sind zahlreiche Voraussetzungen zu erfüllen. „Ich baue nun seit acht Jahren Parcours und habe es bisher noch nicht bereut.“, sagt Wiegand schmunzelnd.
Ob da auch schon einmal ein Parcours dabei war, der in der Praxis anders als erwartet gelaufen ist? „Ein einziges Mal ist es mir in meiner gesamten Laufbahn passiert, dass ein Parcours nicht so gut gelaufen ist. Da haben sich dann die Fehlerquellen auf einer Linie herauskristallisiert und nicht wie gewünscht über den Parcours verteilt.“


Doch steht der Parcours erst einmal, kann nichts mehr geändert werden. „Natürlich überlege ich mir im Vorfeld ganz genau, welche Anforderungen an ein gewisses Springen gestellt werden. Man muss seine Kundschaft kennen. Ich möchte faire und sichere Runden der Reiter sehen. Schließlich bin ich als Parcoursbauer ebenfalls für die Sicherheit und die Gesundheit von Reiter und Pferd verantwortlich.“, erklärt Wiegand.
Gerade in Springpferdeprüfungen achtet der Parcoursbauer immer auf reelle Parcours. Er verzichte lieber auf einen aufmerksamkeitserregenden Unterbau und gestalte die ersten Sprünge sowie die Kombinationen immer Richtung Ausgang und mit einer Fußstange. „Das gibt Sicherheit.“, so der Nordbadische Vize-Meister. Nichtsdestotrotz achtet Gregory Wiegand darauf, dass gerade jungen Pferden in Kombinationen auch unterschiedliche Rhythmen kennenlernen. „Ich würde jedem Reiter raten, immer mal wieder unterschiedliche Distanzabmessungen in den Kombinationen zu verwenden. Mal ein, mal zwei Galoppsprünge. Gerne auch mal eine Oxer-Steil- Kombination. So lernen die jungen Pferde in unterschiedlichen Situationen sich an unterschiedliche Rhythmen anzupassen.“

Je höher die Klasse, desto höher auch die Anforderungen. Um Fehlerquellen zu schaffen, gebe es viele Wege. „Ich schaffe mit optischen Fehlerquellen. Gerne nutze ich einfarbige, sog. „unifarbene“ Stangen, als oberste Stange eines Hindernisses. Auch ein Planke nach oben zu hängen kann verschiedene Fehlerquellen zur Folge haben.“, so der Parcoursbauer.
Über die erlaubte Zeit oder eine technische Linienführung könne man Fehler provozieren. „Natürlich möchte ich keine „harten“ oder „schweren“ Fehler produzieren. Am liebsten ist es mir, wenn Reiter aus dem Parcours kommen und sagen: Schade, gute Runde aber zwei leichte Fehler“.

Gerade für parcoursunerfahrerene Reiter hat Wiegand einen einschlägigen Tipp: „Wichtig ist nicht, dass man jede Distanz sieht. Viel wichtiger ist, dass man lernt mit dem umzugehen, was man sieht. In der Zeit, nach dem man beispielsweise bemerkt hat, dass eine Distanz etwas dichter wird, und man sich die ganze Zeit denkt „Mist, es wird dicht… was mache ich bloß“, hätte man genauso gut reagieren und den Galoppsprung seines Pferdes etwas mehr zurücknehmen können.“


Als einen seiner „Geheimtipps“ benennt Gregory Wiegand den „Stangenparcours“.

„Jede Woche steht bei uns auf der Anlage ein anderer Parcours. Es versteht sich von selbst, dass man mit seinem Pferd nicht jeden Tag einen ganzen hohen Parcours springen muss. Daher lege ich mir gerne neben einen jeden Sprung auf die rechte Seite eine einfach Bodenstange. Bei dieser Stelle ich mir dann vor, es wäre ein Sprung, den ich im Parcours anreite. Das Übe ich dann, um mich zu verbessern. Durch die Bodenstanden ist die Belastung für das Pferd nicht ganz so hoch wie bei einem richtigen Sprung. Wenn es dann mit der Bodenstange auf der rechten Seite klappt, lege ich sie an einem anderen Tag auf die linke Seite. Dann reite ich den Stangenparcours über die Stangen auf der linken Seite. Wenn das klappt, fange ich an, den Parcours von hinten zu reiten. Es gibt unzählige Möglichkeiten, verschiedene Parcours mit wenig Aufwand zu trainieren.“

Wiegand weiß aber auch, dass sich ein Teil des Reitens und des Trainings im Kopf des Reiters abspielt. Nach Meinung von Wiegand sollte sich der Reiter stets selbst hinterfragen und kritisch mit seinen Ritten umgehen. Nur so könne man sich verbessern. „Wenn ich am Wochenende gemerkt habe, dass ich in allen drei Prüfungen immer Probleme hatte, die passende Distanz zur Tripplebarre zu finden, sollte ich mal hinterfragen warum. Und dann sollte ich dieses Warum Zuhause trainieren. Man muss realistisch und kritisch mit sich selbst sein. Nur so kann man sich langfristig und fundamentiert verbessern.“


Gregory Wiegand zeigt mit seiner offen, detailgenauen und weitsichtigen Art, wie viel Herzblut, Überlegungen und Liebe zum Detail in einem Parcours stecken kann. Sicherlich ist er ein Parcoursbauer, dessen Course sowohl auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene weiterhin viel Zuspruch und Komplimente finden werden!

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